Der „Mere Exposure Effekt“ – oder: an Bitterstoffe gewöhnen

Bittere Lebensmittel wieder schätzen lernen

Eigentlich schade, dass ausgerechnet der bittere Geschmack für viele von uns erstmal unangenehm ist, obwohl Bitterstoffe so wertvoll für unser Wohlbefinden sein können. Andererseits: ein Wunder ist das nicht! Denn die Abneigung gegen bitter schmeckende Lebensmittel ist evolutionsbedingt eine wichtige biologische Schutzfunktion für uns Menschen, denn giftige oder ungenießbare Pflanzen schmecken meistens bitter. Die Abneigung gegen bitteren Geschmack bewahrt uns also fast automatisch davor, Giftiges zu essen. Und das ist vor allem bei kleinen Kindern auch nicht unwichtig, da sie sich ja fast alles in den Mund stecken!

Trotzdem gibt es auch bittere Lebensmittel, die besonders gesund für unseren Körper sind und wertvolle Bitterstoffe enthalten. Sie können unser Wohlbefinden steigern. Leider wurden aber in vielen modernen Züchtungen die Bitterstoffe gezielt aus den Lebensmitteln weggezüchtet und viele sind mittlerweile fast frei von Bitterstoffen, da andere Geschmacksrichtungen wesentlich beliebter sind. Wer aber trotzdem noch genussvoll ursprüngliche Lebensmittel mit Bitterstoffen zu sich nehmen will, der sollte sich lieber auf Hof- und Bauernmärkten umsehen als in Supermärkten, oder alte Sorten selbst im eigenen Garten anbauen. Denn, wenn wir uns gesund und ausgewogen ernähren und die gesamte kulinarische Vielfalt in ihrer ganzen Bandbreite genießen wollen, dann sollten wir ganz bewusst auch die Lust an bitteren Geschmacksrichtungen entwickeln.

Die gute Nachricht ist: Es ist leichter, als du vielleicht denkst, sich an bitteren Geschmack zu gewöhnen und ihn schätzen zu lernen! Und wenn dein Körper merkt, wie gut ihm die Bitterstoffe tun, wird er sicher auch mehr davon verlangen. Hier zeigen wir dir, wie es funktioniert und wie du den psychologischen „mere exposure effekt“ dafür nutzen kannst.

Ramen Nudeln in einer Schussel - daneben rote scharfe Chilis

Der Mere Exposure Effekt in der Ernährung

Der mere exposure effekt wird auf Deutsch auch als „Effekt der Darbietungshäufigkeit“ bezeichnet und wurde Ende der 60 er Jahre von Robert Zajonc entdeckt und untersucht.

Ganz vereinfacht lässt sich dieser Effekt durch die Faustformel

„Je öfter – je lieber“

beschreiben, was nichts anderes bedeutet, als dass sich Vorlieben durch Gewohnheit und allein durch die Häufigkeit des bloßen Kontakts mit Menschen oder Dingen bilden lassen.

Unsere Essgewohnheiten und Geschmacksvorlieben bilden sich über die Gewohnheit aus. Was wir mögen, hängt folglich von unserer Gewohnheit ab. Mit Hilfe des mere exposure effekts können wir also lernen, auch bittere Geschmacksrichtungen zu mögen, und zwar je öfter wir diese kosten und probieren.

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Der Mere Exposure Effekt am Beispiel „Kaffee“

Ein gutes „mere exposure effekt“ -Beispiel, um dies zu veranschaulichen, ist Kaffee. Der herbe und leicht bittere Geschmack von Kaffee schmeckt uns ja meistens nicht vom ersten Schluck an. Anfänglich versuchen wir deshalb oft, den typischen Geschmack durch viel Zucker und Milch zu übertünchen. Je häufiger wir ihn aber trinken und je mehr wir auf seine belebende Wirkung schwören, desto mehr gewöhnen wir uns auch an seinen bitteren Geschmack und lernen, ihn zu lieben. Solange, bis uns irgendwann selbst ganz starker, schwarzer Espresso schmeckt.

Hieran sieht man deutlich, wie sich eine Vorliebe ausbilden kann, wenn man ein Lebensmittel regelmäßig zu sich nimmt und nach und nach daran gewöhnt, auch wenn man den Geschmack zunächst abstoßend oder zumindest gewöhnungsbedürftig findet. Je häufiger wir einen unangenehmen Geschmack zu uns nehmen, desto weniger stört er uns – vor allem, wenn der bittere Geschmack nicht zu negativen Konsequenzen führt, sondern uns gut tut!

Sich mit dem Mere Exposure Effekt an bitteren Geschmack gewöhnen

Im Folgenden haben wir ein paar hilfreiche Tipps für dich in deinem Alltag zusammengestellt, wie du den Einstieg in die Welt der Bitterstoffe leichter schaffst und bittere Lebensmittel zum Bestandteil deiner alltäglichen, ausgewogenen Ernährung machen kannst.

Hier kommen die 4 besten Tipps, wie du dich an bitteren Geschmack gewöhnen kannst:

  • Erstmal untermischen:

    Bevor du dich gleich an richtig bitter schmeckende Lebensmittel heranwagst, mische sie erstmal zu nicht-bitteren Sorten unter. Das geht zum Beispiel bei Gemüse recht gut. So kannst du nach und nach den Anteil der bitteren Gemüse- oder Salatsorten steigern. Bei Smoothies z.B. funktioniert das ganz einfach: Hier kannst du zuerst den Fruchtanteil erhöhen und nur wenig bitteres Gemüse untermischen und später den Anteil an bitteren Sorten immer mehr steigern. Oder nutze Kräuter mit Bitterstoffen zum Würzen oder als Tee. Welche Kräuter Bitterstoffe enthalten und welche Eigenschaften gut für deinen Körper sind, erfährst du hier: Zum Kräuterlexikon

  • Chicoree in einem weißen Teller

    Nach und nach langsam daran gewöhnen und „Bitterkeit“ steigern:

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  • Bitteres immer und immer wieder probieren:

    Probiere Lebensmittel mit bitterem Geschmack immer und immer wieder! Generell sagt man, dass man etwas ca. 10 mal verzehren muss, bis es einem schmeckt. Außerdem ändert sich der Geschmack auch allgemein mit dem Lebensalter. Es ist allgemein bekannt, dass ältere Menschen rezentere Aromen und auch bitteren Geschmack eher mögen als jüngere. Und welches Kind mag schon gern Rosenkohl? Aber viele lernen ihn als Erwachsene dann doch noch zu lieben!

  • Bittere Lebensmittel anders zubereiten (lassen):

    Bleiben wir als Beispiel mal beim Rosenkohl: Vielleicht schmeckt er dir nicht, weil du ihn nur so kennst, wie ihn damals deine Oma gekocht hat. Aber wenn du ihn beispielsweise in der Pfanne zubereitest (anfangs vielleicht auch noch leicht gesüßt), dann erlebst du seinen Geschmack vielleicht plötzlich ganz anders und er schmeckt dir plötzlich richtig gut? Bereite doch weniger geliebte Gemüse- oder Salatsorten einfach mal ganz anders zu und probiere neue Rezepte und Varianten aus. Oder gehe in ein Restaurant, dass viel Erfahrung damit hat und lass dich überraschen! Unser Tipp: Da Bitterstoffe auch hitzeempfindlich sind, sollte bitteres Gemüse auch nicht zu lange oder zu heiß gekocht werden – das Gleiche gilt für andere wertvolle Nährstoffe natürlich auch!

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